Eine Woche Enkelin hüten.

Am Samstag früh geht die Familie zum Frühstück ins e5. Ich laufe direkt dort hin und treffe meine Rasselbande dort. Der Samstag ist ein „wir essen auswärts“ Tag. Das Dinner gibt’s im Nandos. Ein Lokal, das mir nicht gefällt, in dem das Essen allerdings schmeckt. Man bestellt, obwohl im Lokal sitzend, online. Und man bezahlt auch online. Hmmmm. Eine andere Welt. 

Am Sonntag begleite meinen Sohn zum Optiker und versuche in der Zeit, in der er den Sehtest macht, den Kaffee bei Waitrose zu kaufen, den ich in der Vergangeheit hier immer gekauft habe. Alte Menschen sind Gewohnheitstiere und können sich schlecht verändern. Ist jetzt hinsichtlich dieses Kaffees aber wohl nötig: aus dem Programm genommen. (Optiker am Sonntag ist kein Versehen ‚in der Berichterstattung‘, der Optiker hat wirklich geöffnet und mit ihm zahlreiche andere Geschäfte, z.B. Waitrose. )

Nach der frustrierenden Kaffee-Erfahrung gehen wir alle am Sonntag chinesisch essen. Ein Chinese, der sich auf die Dampfklößchen spezialisiert hat, die ich schon im Zuge der vergangenen Reise nach Zentralasien in Xinjiang kennengelernt habe. Wir sind alle begeistert. Für die Enkelin ist es unterhaltsam,den Köchen durch ein Fenster bei der Zubereitung der Klößchen zuzuschauen.

Großeltern-Enkel Beziehungen leben davon, dass die Großeltern machen, was die Enkel wollen, oder nicht?!?!? Sie will nicht raus, sondern am Montag tausend Spiele spielen, die in der Wohnung gespielt werden können. Mit großem Krauftaufwand (und mit Theater) gelingt es uns, sie zum Einkauf im Lidl, keine 200m vom Haus entfernt, zu bewegen. Alles schön und gut, aber mir fällt es schwer, den ganzen Tag drinnen zu sein. Mir blutet das Herz. Das Wetter ist gut. Aber sie will beim besten Willen nicht. Pancakes backen, Drachen basteln, toben und Rollenspiele spielen, der Tag vergeht.

Die Winterjacke der Kurzen ist hin. Sie braucht eine Neue. Am Dienstag sind wir voller Tatendrang und fahren mit der Enkelin nach Stratford, ein Vorort von London in dem tausend Geschäfte zum Geld ausgeben einladen. Wir entern H&M und kaufen allerlei Bekleidung, aber eine Winterjacke finden wir nicht. Sie probiert zwar willig eine nach der anderen an, aber sie sind alle zu groß. Na ja, so naiv sind Opa und Oma, in einem anderen Laden . . . . Aber da ist die Geduld und Lust der Enkelin dann dahin. Nichts mehr zu machen. Alle Jacken bei John Lewis werden abgelehnt und fallen durch; „Ich will nicht!“

Die Eltern sind mit der Enkelin in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag im Krankenhaus gewesen. Sie hatte plötzlich Fieber und Atemprobleme bekommen. Pseudokrupp die Diagnose. Am Morgen als ich komme geht es ihr schon wieder besser. Cortison wirkt Wunder. Aber angesichts dieses Zustandes ist nicht daran zu denken, dass wir große Ausflüge machen. Im Wesentlich bleiben wir wieder in der Wohnung, halten sie warm und trocken und versuchen sie zu einem Dampfbad zu überreden, was jämmerlich misslingt. So viel drinnen bleiben ist mir zu enge und ich mache am Nachmittag einen Spaziergang, allein. 

Für Freitag sind Eintrittskarten für das Wonderlab im Sience Museum gebucht. Die Sorge, dass wir den Ausflug wg. der Gesundheit der Kurzen canceln müssen verfliegt schon früh am Morgen. „Sie ist gut drauf!“ textet Heike nach dem Aufstehen. Wir sind vor dem gebuchten Zeitslot (10:30) am Ort des Geschehens und bleiben irrsinnig lange, fast vier Stunden. Allein zwei davon verbringt sie an der Gravitationssimulation. Hört sich gut an, ist aber „nur“ ein schwarzer, ovaler Tisch mit zwei trichterförmigen Vertiefungen in die orangenfarbene Bälle gerollt werden, die auf dem Weg in den Trichter kleiner werdende Kreise absolvieren und damit die Anziehungskraft massereicher Objekte simulieren. Auf dem Weg nach Hause schläft mir die Kurze auf den Schultern ein, war wohl doch ein anstrengender Tag für sie.

Noch ein Winterjackenshoppinganlauf am Samstag. Diesmal ist der Enkelin-Entertainer mit von der Partie, Papa. Jetzt soll’s ja wohl mal klappen. Wir fahren noch einmal nach Stratford und wollen dort bei John Lewis eine Winterjacke erstehen. Mit vereinten Kräften gelingt das am Ende sogar. Wesentliche Mithilfe kommt aber von der Mutter. Unsere Enkelin bevorzugt die Farben blau, schwarz, dunkelgrün. Alles Farben, die derzeit nicht unbedingt in mädchenhafter Bekleidung realisiert sind, eher in Jungenmode. Der Mutter gefällt diese Neigung nicht wirklich. Sie schafft es aber, die Kurze von einer roten Winterjacke zu überzeugen, zwar auch eine Jungenjacke, aber farbenfroher. Daneben erbeuten wir noch T-Shirts und eine Mütze für die Kleine. Den Rest des Einkaufes (Klamotten für den Vater) verhält sie sich für ihre Verhältnisse sehr kooperativ.

Wir verabschieden uns von den Londonern schon am Samstag Spätnachmittag und fahren zusammen zum Campingplatz. Leider müssen wir einen großen Teil von Heikes Gepäckes schleppen und zu allem Überfluß beginnt der Regen . . . Aber wir kommen an, wenn auch naß. Am Sonntag wollen wir direkt nachdem die Schranke des Campingplatzes öffnet in Richtung Dover Hafen fahren.

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