10. Tag: Sonntag, Erkundungen in Kashgar und KEINE Nachtzugfahrt

ohne Worte

Das aufregendste zuerst: Um die Mittagszeit kommt die Information bei unserem dtsch. Reiseleiter an, dass der Nachtzug von Kashgar nach Turfan heute ausfällt, wg. Sandsturm in der Taklamakan. Wir müssen aber nicht in Kashgar bleiben. Die Agentur hat uns auf einen Nachtflug von Kashgar nach Turfan umgebucht.

Bei mir löst das keine Jubelgefühle aus. Die chinesischen Sicherheitsvorschriften für Flüge sind streng. Batterien und Powerbanks dürfen entsprechend der zugeschickten Reiseunterlagen nur in der Gesamtkapazität von 100 Wh mitgenommen werden und auf jedem Akku muss die Kapazität in Wh deutlich vermerkt sein. Ist natürlich in den meisten Fällen nicht so und wenn, dann nur im „Kleingedruckten“, nur mit einer Lupe unter guter Beleuchtung zu erkennen. Nur die Akkus für die Kameras sind ordentlich mit Wh gekennzeichnet, Smartphone und Powerbank haben die Angaben nur in mAh und das auch noch schlecht sichtbar. OK, mAh kann man in Wh umrechnen, aber gilt das an der Sicherheitskontrolle?? Powerbanks müssen, so verkündet uns der Guide (leider) zusätzlich eine CCC Kennzeichnung im Oval besitzen, ist das nicht der Fall, dürfen sie nicht mit in den Flieger, egal ob die Kapazität in Wh ordentlich darauf vermerkt ist oder nicht! Hat meine Powerbank natürlich nicht! Toll!

Aber es gibt eine Lösung. Wir haben zwei chinesische Guides am Flughafen, der eine bringt uns bis zur Sicherheitskontrolle in Kashgar, der zweite ist aus Turfan zu uns nach Kashgar geflogen und fliegt mit uns jetzt zurück. Die Akkus und Powerbanks, die uns abgenommen werden kann der in Kashgar bleibende Guide entgegennehmen und wird sie mit der Post ins übernächste Hotel schicken. Die Post fährt angeblich mit dem LKW. Bin gespannt, ob das funktioniert. Ansonsten ist die Powerbank das zweite Opfer dieser Reise.

Im Zuge der Sicherheitskontrolle muss ich meinen Koffer öffnen und alles wird untersucht. Selbst die kleinste Batterie (für die Fernauslösung der Kamera) muss raus und (Gott sei Dank) ins Handgepäck, darf aber mit. Auch C. muss seine Powerbanks abgeben. Er hat kleine Schnapsfläschchen im Handgepäck mit Spirituosen aus Deutschland, die für die Guides vorgesehen sind, als kleiner Gag. Aber nichts davon darf mitgenommen werden. Aber austrinken geht. Die ganze Gruppe Reisegruppe wird verdonnert, den Spirit in der Sicherheitszone zu retten.

Beim Einchecken von M. und J. gibt es Probleme. Eine Person hat einen Umlaut im Namen, der auf der Bordkarte nicht ausgedruckt wird, sondern als UE dargestellt ist, die andere Person hat einen langen, doppelten Nachnamen der auf der Bordkarte verkürzt dargestellt ist. Da unsere Namen Buchstabe für Buchstabe mit den Passangaben verglichen werden und unsere westliche Schreibregeln scheinbar nicht bekannte sind . . . . .. Alles zurück zu einem Office dort kann jemand per Stempel bestätigen, dass die Namen auf der Bordkarte denen im Pass entsprechen. Langer Rede kurzer Sinn, die 2 Stunden, die wir auch hier vor dem Abflug am Flughafen sein müssen, vergehen wie im Flug und sind mal gerade ausreichend.

Der Flug startet nach 22:00 und ist ansonsten ereignislos. Ein Teil unserer Reisegruppe sitzt im Upgrade-Bereich, ich selber auf Platz 1C, also ganz vorne mit ordentlich Beinfreiheit. Aber es hilft nicht wirklich. Ich komme nicht in Schlaf. Schade, die Nacht ist lang.

Nach etwas mehr als 2 Stunden steigen wir in Tufan auf dem Rollfeld aus. Zwei Menschen in gelben Sicherheitswesten beschallen uns mit irgendeinem chinesischen Text. Ich mache ein Foto von der Maschine auf dem Rollfeld und werde sofort von zwei chinesischen Mitreisenden angesprochen.

Jetzt weiß ich auch, mit welchem Verbot wir beschallt wurden: Keine Fotos machen!. Irgendwann nach 01:00 kommen wir im Hotel an. Um 02:00 liege ich im Bett und hoffe auf genügend Schlaf für den nächsten Tag.

Der Tag selbst war ereignisreich und spannend. Da wir am Abend fliegen wollen, packen wir unsere Koffer sofort morgens in den Bus und laufen von dort zum großen Stadttor, dass in die Altstadt führt, in die alte, alte Stadt, aber auch in die neue, alte Stadt. Vor dem Tor findet eine Veranstaltung statt, im Zuge derer traditionelle Musik und Tanz zur Vorführung kommen sollen. Sollen! Es ist eine moderne, kostümreiche Choreografie Die die Geschichte der Seidenstraße und von Kashgar erzählen soll. Tradition wird zum Disney World Niveau degradiert. Gefühlt sind tausende chinesische Touristen da und rempeln und schieben und drücken, damit sie ein Foto mit dem Smartphone machen können. Ich bin einen Kopf größer als alle um mich herum und daher irgendwie im Vorteil.

Auch die Id-Kah-Moschee . . .

. . . und das Mausoleum von Abakh Hoja . . .

. . . sind Museen, tote Orte, tot im Sinne von nicht mehr in Benutzung. Menschenmengen sind dennoch da. Touristen wie wir, aber aus China. Wir sehen keinerlei europ. Touristengruppen, erst recht keine Einzelreisende. Frech ist der Text, der einem uigurischen Landhaus zugeordnet ist. Ich bin mir auf Grund des Textes fast sicher, das die Darstellung des Landhauses nicht wirklich den Tatsachen entspricht.

Die nächste Station ist der Sonntagsmarkt zu dem ein Viehmarkt gehört. Allerlei Tierzeug, aber alles größer als eine Ziege, keine Kleintiere wie Hühner, Gänse und Enten. Hier handeln uigurische Bauern. Chinesen sind nur als Händler auf dem davor gelagerten Alles-was-du-willst-Markt zu sehen.

Die Sicherheitssituation ist bedenklich. Potente nervöse Bullen versuchen offensichtlich verlockende Kühe zwischen all den Menschen zu besteigen und achten selbstredend nicht auf Menschen, die zwischen den Bullen und LKW geraten. Wir sehen zu, dass wir da wegkommen.

Dennoch ist der Markt beeindruckend und ich werde sicher noch lange daran zurückdenken. Wir sehen hier auch andere (chinesische) Touristen, allerdings hält sich deren Auftreten zahlenmäßig in Grenzen.

Nun steht die Altstadt auf dem Programm, sowohl die alte, alte Stadt, als auch die neue, alte Stadt. Was immer das genau sein soll hoffen wir jetzt zu sehen. Beides ist inzwischen Disney World. Die Altstadt ist nicht bewohnt. Die neue alte Stadt ist relativ künstlich, voll renoviert, lauter Geschäfte oder nichts. Hier wohnt niemand mehr. Die Baustruktur ist lediglich dazu geeignet und offensichtlich auch dafür gedachte, einen Eindruck von dem zu bekommen, wie es mal gewesen sein könnte.

Frech ist die Präsentation eines Teils der Altstadt mit deutlichen Hinweisen, dass die ursprünglichen Bewohner aus Sicherheitsgründen umgesiedelt werden mussten und jetzt die Gelegenheit haben, in modernen Wohnungen zu leben. Kulturelle Assimilation nennt man das, soviel ich weiß.

Auch der Spaziergang durch die Altstadtgassen ist ein Wechselbad von „Ohhhh“ und aufrecht stehenden Nackenhaaren. Willkommen in China. Recht traditionell und authentisch mutet der Instrumentenbauer an, der uns zu einer kleinen Vorführung in den Laden holt, wohl wissend, dass wir sicherlich keine Instrumente mitnehmen werden.

Es scheint ein herausragendes touristisches Bedürfnis zu sein, sich als Mensch chinesischer Abstammung in traditioneller uighurischer Bekleidung ablichten zu lassen. Wir sehen es nun schon zum wiederholten Mal.

Vielleicht kann ich den Gesichtsausdruck des kleinen Mädchens auch nicht richtig deuten, aber glücklich scheint sie über die Fotoaktion nicht zu sein.

Heute übernachten wir wg. der ausgefallenen Nachtzugfahrt schon in Turpan im Hilton Hampton Hotel 
Nr. 44 Gaochang-Mittelstraße, Stdtbezirk Gaochang, Turpan

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert