So ein Gefühl hatte ich selten, bisher zumindest. Ich war richtig panisch, oder fast zumindest.
Aber eines nach dem anderen.
Um die staugeprägte Verkehrslage um Antwerpen herum zu vermeiden sind wir früh aufgestanden (03:00) und auch früh losgefahren (wie geplant um 04:00). Das Schiff geht um 11:50, einchecken um 10:50, ein bequemer Zeitplan mit genug Puffer für ca. 445 km.
Bis dahin, oder besser gesagt, bis nach Holland hinein lief alles gut. In den Niederlanden war dann eine Autobahn vollständig gesperrt. Zu! Umleitung! Runter von der Autobahn! Alle! Langsam fahren!! Irgendwo über`s Land und durch die Dörfer. Laaangsaaam! Gefühlt hat die Umleitung Stunden gedauert. Auf alle Fälle für die Nerven zu lange. Und vollständig unerwartet.
Dadurch kommen wir natürlich erst zur beginnenden Rushour in Antwerpen an. Und es kommt, wie es kommen musste, wir aber eigentlich vermeiden wollten. Stau, bis Antwerpen West, rund 3 km. Schrittgeschwindigkeit, stehen, max. 30 km/h, wieder stehen . . . :o(( Und die Zeit geht dahin.
Erst gegen 09:00 sind wir in Gent . . . und kommen dort in den nächsten Stau. Uaaaa! Aber er dauert Gott sei Dank nicht lange. Noch ist die Zeitplanung in Ordnung. Nach Navi sollen wir um 10:20 ankommen. Noch ist alles gut.
Und dann kommen wir an und fahren durch den Check In. Einfach so. Ist grün. Keiner zu sehen. Schranke oben. Na ja wird schon gut sein. Hier ist alles im Umbau, immer noch. Vollelektronische Check-In-Erfassung. Tolle Sache. Der Hafen ist wahnsinnig unübersichtlich geworden (für mich), wir finden die Border Control dennoch, erst die französische und dann die englische. Komisch . . . . . Alle anderen Fahrzeuge haben hier das übliche Windschutzscheibenticket, das an den Rückspiegel gehängt werden muss. Nur wir nicht! Hmmm. Der Border Control ist das egal, uns nicht. Eine der wenigen frei herum laufenden Mitarbeiter*innen von DFDS bestätigt uns, dass das Ticket nach wie vor notwendig ist. „Unmöglich, ohne Ticket kommt man hier nicht auf`s Gelände!“. Soweit zur Regel. Wir offensichtlich schon. Also zurück zum Start und noch mal alles von vorn`. Aber wo ist der Start???? Wie und wo geht es zurück? Keine Wegweisung (fehlt die noch?), nur Nummern (für die Abfahrtlines?). Keiner mehr da, den man fragen kann wo es denn nun lang geht. Herumirren! Zeit! Nichts finden! Dann, eher aus Zufall: Wegweisung zur Autobahn! Damit können wir was anfangen und jetzt wird wirklich alles gut. Die Panik löst sich in Luft auf.
Aber es ist schon 11:00 Uhr. „Für die Fähre um 11:20 zu spät.“, sagt der freundliche Mensch am DFDS Check In (inzwischen ist das Häuschen besetzt!). „Ich buche Sie für die Fähre auf 12:50 Uhr! Nein, eine Fähre um 11:50 fährt nicht mehr. Wir haben die Fahrpläne vor 14 Tagen umgestellt.“ Na toll. OK, wir haben ja Zeit. Niemand wartet in UK auf uns und gerät in Panik. Am Anleger angekommen sehen wir auf dem digitalen Abfahrtsmonitor: Departure Calais – 11:50 – Boarding! Ich überlege immer noch, ob das Absicht war, oder ob der freundliche Mensch ganz einfach dämlich gewesen ist. Um 11:50 lief tatsächlich eine Fähre nach Calais aus, ohne uns.
Jetzt sitzen wir auf dem Schiff (Cote du Dunes) und harren der Übelkeit. Kommt sie, oder kommt sie nicht?
Es ist sehr windig und das Schiff schwankt merklich. Sie kommt nicht. Aber das Wetter verhindert, dass das Schiff auf schnellstem Weg nach Dover kommt. Wir brauchen insgesamt ungefähr 3 Stunden, statt einer! Das Schiff kann nicht in den Hafen von Dover einlaufen. Es schwimmt so vor dem Hafen vor sich hin und schwankt im Wind. Wir schlafen ausgestreckt auf einer weich gepolsterten Bank und verschlafen die meiste Zeit der Verspätung (war doch ein wenig früh heute um 03:00 !!).
Dann können wir das Schiff aber fast als erstes Fahrzeug verlassen, wir stehen ja draußen direkt vor der Rampe, und kommen doch nicht schnell weg. Der Zoll winkt uns raus und kontrolliert die Pässe, die Fahrzeugzulassung, die Beladung, die Buchungsunterlagen und hat tausend Fragen nach dem Wohin und Warum und Wie lange und noch mehr. Der junge Mann scheint noch frisch im Geschäft zu sein. Er schaut immer wieder auf seinen „Spickzettel“ bevor er eine neue Frage stellt. Allerdings ist er so nett und empfiehlt uns in Densole einen Pub gegenüber dem Campingplatz. Aber dann geht es endlich weiter. Gut, dass wir uns heute, außer hierherkommen, nichts vorgenommen haben. Um 15:46 (englische Zeit, dtsch .Zeit + eine Stunde) checken wir auf dem nahen Camping Platz ein (Black Horse Farm Club Site, Densole, 385 Canterbury Road).
Es stürmt inzwischen ganz gut, aber wir haben den ganzen Tag gesessen und wollen laufen, auch auf die Gefahr hin einen nassen Hintern zu riskieren. Densole ist . . . na ja. Ein typisches kleines englisches Dorf. Typisch heißt jetzt nicht malerisch oder idyllisch, das sind sie meistens nicht. Hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht, aber es gibt den Black Horse Inn, ein friendly local pub (Eigenwerbung). Sechs verschiedene Biere im Anstich. Wir probieren ohne Abendessen im Bauch nur zwei und gehen angeschwippst zum Campingplatz zurück.
Vorher ein kurzer Abzweig in den lokalen Tante Emma Laden, Milch und Marmelade einkaufen. Eine sehr nette Verkäuferin spricht mit uns etwas deutsch. Ihre Mutter hat früher in Deutschland gelebt und sie hatte Deutsch in der Schule. Nach dem Abendessen sind wir schon um 19:00 ziemlich tot, trotz DFDS-Nickerchen.
Wir fahren heute insgesamt 480 km und sind dafür ca. 7 Stunden unterwegs. Das ist eine neue Qualität auf dieser Strecke. Kenne ich sonst nur von den Strecken in Richtung Süden.