Östersund

Oha! Schneefall über Nacht! Aber Gott sei dank nur 10 cm. Da muss ich noch nicht einmal schaufeln, nur vor der Abfahrt das Auto freifegen. Geht aber schon lange nicht mehr alles runter. Vorne an der „Nase“ hat sich inzwischen ein mehrere Zentimeter starker Eispanzer aufgebaut. Das restliche Eis, dass sich so an der Karosse bildet kann ich abklopfen. Die Radkästen setzen sich schnell zu und werden stein(eis)hart. Der Campinghammer leistet gute Dienste. Wer hätte das gedacht, das er an dieser Stelle zum Einsatz kommt.

Vorsicht ist an der Heckklappe geboten. Die Ritzen setzen sich dort mit dem während der Fahrt aufgewirbelten Schneestaub zu, der wird dann zu einem festen Eisstrang und das verschließt die Heckklappe wirkungsvoll. Erst dachte ich, dass ich die Dichtungen nicht ausreichend behandelt hätte. Aber das war’s nicht. Nun, jetzt wo ich es weiß kann ich direkt am Ende des Tages und auch zwischendurch mal sauber machen.

Schneestaub! Heute ist mir ein Schneeräumer entgegengekommen, wie schon viele Male vorher auch in Norwegen. Stets hatte ich das Gefühl, dass in der Gegenrichtung wesentlich stärker geräumt wird und Räumdienste meine Richtung gar nicht kennen. Heute kommt mir also wieder einer entgegen und ich mache was ich immer mache, langsamer fahren, runter auf ca. 50 / 60 km/h. Aber Hilfe, dass hätte fast nicht gereicht. Der hat so viel und dichten Schneestaub aufgewirbelt und HINTER sich hergezogen, dass ich noch nicht einmal bis zur Motorhaube schauen konnte. Eine weiße Wand! Ich wäre beinahe im schneegefüllten Graben gelandet und bin am Schneewall davor entlang geschrappt. Whow! Herzattacke! Schneestaub ist seeeeehr ernst zu nehmen.

Einige Kilometer weiter habe ich dann ein Bestätigungserlebnis gehabt. Vor mir fuhr einer der (leeren) Holztransporter-LKW her, die ohne Radkästenabdeckung. Ich musste einen Abstand von gut 200 m einhalten. Der hat so viel Staub aufgewirbelt, dass die Straße vor mir im Nebel lag. Ich hätte ihn ja gerne überholt, aber von der Straße, geschweige den vom Gegenverkehr habe ich nichts gesehen, selbst sein Heck war nur als Schemen zu erkennen. Ich hab‘ halt gewartet, bis er im Wald verschwand.

Je näher ich an Östersund herankam, desto stärker sah man den Wäldern an, dass die Holzwirtschaft hier aktiv ist. Große Flächen waren abgeholzt. An einigen Stellen waren die großen Ernter unterwegs. Riesenmaschinen, die in einem Zug den Baum fällen, entasten, schälen, in zuvor festgelegte Abschnitte zerteilen und alles auf einen handlichen Stapel ablegen, damit die nächst Maschine alles holen kommt. Darüber hinaus waren am Wegesrand immer wieder große Sägewerke und Holzlager zu sehen. Hier sieht alles noch wild aus, ist es aber nicht. Alles kultivierter Wald, kilometerweit, riesig.

Unterwegs kommen mir die Härtesten entgegen. Ausnahmereisende. Motorradfahrer, eine Gruppe mit drei Fahrzeugen mit Seitenwagen. Drei Personen, die Seitenwagen für’s Gepäck. Alles schwer vermummt. Und husch sind sie vorbei. Keine Chance für ein Interview.

Hier im südlichen Nordschweden oder in Mittelschweden, ich weiß das nicht so genau, nimmt auch die Bevölkerungsdichte zu. Es gibt jetzt Ansiedlungen, kleine Dörfer und Städtchen (für hiesige Verhältnisse). In einem dieser kleinen Orte habe ich meine Pause eingelegt und dort war diese kleine Attraktion zu finden.

Landschaftlich wird allerdings noch immer nicht viel Abwechslung geboten. Winterlandschaft bis an den Horizont. Die Temperaturen gehen während der Fahrt gen Süden kontinuierlich runter. Als ich Östersund ankomme hat’s nur noch -1 Grad. Das ist schon fast warm. In meiner dicken Daunenjacke wird mir richtiggehend heiß.

Ich komme so früh in Östersund an, dass ich genügend Zeit habe, zum Fabrikverkauf von Woolpower zu fahren und in der Innenstadt herum zu laufen. Für Menschen die gerne Wolle tragen ist Woolpower eine gute Adresse. Allerdings nicht für die schicke Wolle, sondern warme Unterwäsche, Socken, Pullis.

Östersund ist Universitätsstadt. Das sieht man im Straßenbild. Viele junge Leute von überall her (und was für hübsche Mädels . . . . ). Man fährt viel Fahrrad, auch im Schnee!!! Die Fußgängerzone ist schöner als die in Dortmund, fast genau so lang und auch sehr gut besucht. Tausend kleine Geschäfte. Ich habe dort nichts gekauft, nur bei Woolpower.

Ansonsten beschließe ich den Tag, wie die vielen davor auch schon. Tanken, damit ich morgen mit vollem Tank starten kann und genug Wärme für die Nacht zur Verfügung steht (Dieselheizung), Auto isolieren und mit dem Landstrom verbinden (nicht zwingend nötig, seit dem die Batterien wieder gut sind, aber wenn er schon mal da ist . . . . ).

Auf dem Campingplatz vermisse ich meine Mütze, die, die exakt die Farbe meiner Jacke hat. Die zu finden war nicht einfach. Ein Andenken von den Lofoten, aus Svolvær. Und nun ist sie weg. Nicht im Auto, nicht unter dem Auto, nicht im Servicehaus, nicht in den Jackentaschen. Ich bin schon fast verzweifelt. Moment . . . Woolpower, da war’s warm im Laden. Ich rufe an und bekomme die befreiende Auskunft, dass meine Mütze dort an der Kasse auf mich wartet. Uffz. Schnell noch mal hin.

Auf dem Campingplatz haben Heike und ich schon auf unserer ersten Schwedenrundreise gestanden. Sehr gut ausgestattet, allerdings keine Sauna. Schade. Mein Stellplatz ist nur wenige Meter vom Servicehaus entfernt. Ich nutze die Nähe, koche und esse dort. Das ist einfacher als im Auto. Jetzt sitze ich in der Küche und schreibe.

Heute sind offensichtlich drei Deutsche auf dem Platz. Einer davon steht neben mir und ist auch heute erst angekommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert