Schon in der Nacht zuvor kann ich nicht so wirklich entspannt schlafen.
Immer wieder geht mir durch den Kopf, ob ich ggf. nicht zu viel im Rucksack habe. Immerhin wiegt er mit Wasser und Proviant für den Aufstieg fast 12 kg. Darüber hinaus habe ich eine Flasche Waltroper pfläumchen im Gepäck, auf Bitte meiner geliebten Tochter. Aber so viel ich auch hin und her überlege. Ich kann nicht auf mehr verzichten (Pfläumchen – versprochen ist versprochen) oder will nicht darauf verzichten (Fotoausrüstung mit Reisestativ – ich laufe da ja nicht nur zum Spaß rauf!!).
Ich starte viel zu früh zur Bushaltestelle „Virgen Kirche“, 200 Höhenmeter über dem Campingplatz, und muss somit viel zu lange auf den Bus warten, der nur einmal in der Stunde fährt. Für 4,– € komme ich dann nach Prägraten (1.309 Meter über Null) und dort erst beginnt mein eigentlicher Aufstieg.
Es geht sofort steil los. Erst durchs Dorf, das ist noch moderat. Aber dann durch den Wald. In engen Serpentinen und gefühlt wird es immer steiler. Ich nehme mir vor, nach einer Stunde laufen eine Pause einzulegen, damit ich bei Kräften bleibe und genug trinke. Die ersten beiden Stunden klappt das auch sehr gut. Ich brauche die Pausen auch und ahne, dass ich ggf. zu wenig Wasser dabei habe.
Nachdem ich vom Virgental ins Timmelbachtal aufgestiegen bin geht es erst leichter. Die Steigung ist nicht mehr um die 40% sondern angenehm moderat.
Ich kann richtiggehend wandern. Nett. Ausserdem ist es nicht mehr so warm. Es ist durch die Höhe frischer und sehr angenehm geworden. Direkt vom Talbeginn an kann ich schon die Hütte sehen. Das eiszeitliche Trogtal ist gerade, wie mit der Schnur gezogen. Ich muss an ein kühles Radler denken, das ich auf der Hütte schlürfen werde.
Das hört sich bis hier ganz gut an, aber ich war schon nach 700 Hm Aufstieg rechtschaffend KO. Und offensichtlich wesentlich stärker überanstrengt, als ich es wahrhaben wollte. Der Rucksack wurde irgendwie auch nicht leichter, sondern schwerer. Zur Hälfte des Trogtals hat mein Körper beschlossen, sein Kraft nur noch auf’s Laufen zu richten und nicht mehr auf die Verdauung der Pausensnacks. Er hat sich schlicht und einfach vom gesamten Mageninhalt getrennt. Ratzfatz. Danach fühlte ich mich etwas besser (obwohl mir zuvor auch nicht schlecht gewesen ist).
Als die Hütte „zum Greifen nah“ vor mir lag begann das fürchterlichste Teilstück. Steil, steiler geht nicht. Ich kam kaum voran. Erst habe ich alle 50 Hm eine Verschnaufpause eingelegt. Hinterher musst ich alle 20 Hm eine gute Pause machen um wieder halbwegs zu Kräften zu kommen. Inzwischen war auch mein Wasser alle. Aber Gott sei Dank gibt es da oben Bäche ohne Ende und somit auch kühles leckeres Wasser.
Die letzten 200 Hm haben Kraft, Konzentration und Willen gekostet, von allem im Übermaß. Ob ich das noch mal mache ???!??? Für den Aufstieg habe ich sage und schreibe und auch ziemlich genau sechs Stunden gebraucht. Im Tal steht irgendwo ein Wegweiser „Eisseehütte 3h“! Haha. Nicht für mich.
Der Rest des Tages war angenehm. Tochter und Hüttenteam haben mich nett empfangen. Ich habe zwar nicht mein Radler bekommen, aber ein Skiwasser. Das tat’s auch. Das Abendbrot war lecker (Spinatknödel), die Aussicht prima. Ich konnte mit dem Hüttenteam zusammen am Tisch sitzen, alles junge Frauen, bis auf den – ebenfalls jungen – Koch. Später haben wir dann noch draussen vor der Hütte gesessen und Meisterwurz probiert und natürlich das Pfläumchen ausgeschenkt.