Die Flucht vor dem Regen gelingt! Den ganzen Tag keinen Tropfen abbekommen.
Obwohl ich gestern nicht spät in die Federn gekrochen bin, sondern eher früh, bin ich heute Morgen immer noch müde und verschlafe Heikes Gang zur Dusche. Normalerweise mein Zeichen aus dem Bett zu schlüpfen und das Auto für den Tag herzurichten. Während ich dusche macht Heike dann das Frühstück. Heute halt alles verzögert. Ich krieche erst aus den Federn, als sie zurückkommt.
In der Nacht hat es noch ziemlich heftig geregnet. Heute Morgen nicht mehr. Es ist frisch, aber sonnig und trocken. Heike hat eine 2 ½ Stunden Landstraßenfahrt zum nächsten Campingplatz in der Nähe von San Piero a Sieve und Scarperia e San Piero herausgesucht. Die Fahrt wird allerdings anstrengender als geplant. Bald nach dem Start landen wir in einer Straßensperre der Polizei, die Google nicht kannte. Der nette Polizist versucht uns zu erklären, wie wir stattdessen zum Ziel kommen. Es dauert eine Weile bis wir uns aufeinander eingestellt haben und gegenseitig unser englisch verstehen. Es bleibt uns aber nichts anders übrig, als zumindest eine kurze Strecke über die Autobahn zu fahren und schwupps sind wir wieder in einem Mautabschnitt. Aber jetzt habe ich es ja raus, die Sache mit dem Ticket.

Ab Imola fahren wir über die Landstraßen 610 und 503 bis nach San Piero. Zweispurig, meistens jedenfalls. Aber kurvig. Keine 5 Meter gehen geradeaus. Wir fahren immer mitten durch die Dörfer, durch zahlreiche Dörfer und Kleinstansiedlungen. Wir sind auf dem Land. Die Straße ist an zahlreichen Stellen durch Bergrutsche beschädigt, teilgesperrt und abgesichert. An einigen Stellen wird auch an der Beseitigung der Schäden gearbeitet. Schnell kann man hier nicht fahren, und ich sowie so nicht.

Aber ein italienisches Auto fährt vor uns noch viel langsamer her. Dagegen bin ich der Nikki Lauda. Aber wir haben ja Zeit und die Landschaft ist schön. Es ist bergig. Wir steigen immer höher. Kurz vor der Passhöhe biegt das ital. Auto ab. Der Passo Giogo di Scaperia ist 882m hoch. Hätte ich nicht gedacht, dass wir so hoch kommen heute. So interessant die Fahrt auch war, sie war anstrengend. Ich bin froh anzukommen.
Wir fahren erst einmal zum Campingplatz und checken ein. Die Vorsicht wäre überflüssig gewesen. Um diese Jahreszeit ist kaum jemand hier. Nur eine Handvoll Fahrzeuge stehen auf dem Platz. Sie sind aus UK (!), NL, I, F und D.
Danach fahren wir im Prinzip wieder zurück nach Scarperia e San Piero. Eine Stadt, die wg. ihrer Messermacher berühmt wurde und auch heute noch ist. Im Mittelalter hat die halbe Stadt von der Produktion der Schneidwaren gelebt, heute existieren in der Tat noch zahlreiche Messermacher in dem kleinen Ort. Wg. der Messermacher sind wir hier, aber der Ort ist insgesamt sehenswert.
Er hat irgendwelche Preise als eines der schönsten Dörfer Italiens erhalten. Das kann sich aber nur auf die Altstadt beziehen, deren Stadtmauer immer noch zahlreiche Häuser umfasst. Wir erleben erstmals so wirklich, was es heißt in Italien zu sein. Bis 15:00 hat hier alles zu. Basta. Und Dienstag und Mittwoch sind Ruhetage. Hmmm. Das trifft unseren Drang Messermacher zu besuchen empfindlich. Das hatten wir zuvor nicht recherchiert und waren einfach davon ausgegangen, dass in der Woche die Geschäfte wohl schon geöffnet haben. Ein Messermacher hat dann auch wirklich geöffnet. Einer! Leider kann die nette Verkäuferin nur italienisch, kein Englisch, kein Deutsch. Wir können uns nur mit einer Übersetzungsapp verständigen. Ein rechtes Gespräch kommt da aber nicht wirklich auf. Die regionalen Taschenmesser sind nicht wirklich teuer, mit Olivenholzgriff, 16,5 cm Gesamtlänge, 48 €. Mit (Büffel-)horn- oder mit Geweihgriff wird es dann etwas teurer 54 bzw. 68 €. Aber ich widerstehe! Heike aber nicht. Sie kauft ein Messer! Mit Olivenholzgriff, sehr schön, und eine Pizzarolle, auch mit mit Olivenholzgriff.
Die wenigen Restaurants in der Altstadt haben alle geschlossen um diese Zeit. Die Altstadt macht auch einen leergefegten Eindruck.
Wir haben aber Hunger. Ein Bistro sieht gemütlich aus und zieht uns an. Um 16:00 sind wir die einzigen Kunden. Die Küche ist auch zu heute, verdeutlicht uns eine nette Frau (wieder kein Englisch, schade). Aber Übersetzungsapps helfen weiter, wenn Hände und Füße nicht mehr reichen. Wir kommen miteinander klar, erhalten letztlich, was wir möchten. Aber auch hier ist es schade, wir, d.h. sie und auch Heike und ich hätten die Zeit miteinander zu plauschen, kommen aber nicht zueinander. Wir sprechen kein Italienisch, sie kein Deutsch, leider auch kein Englisch. Das ist es uns jetzt schon öfter passiert. Hätte das ich nicht erwartet. Ich dachte, dass die Toskana ein Touriegebiet ist und alle dort englisch sprechen können. Hmmm, wieder desillusioniert worden.